Eine einheitliche Methodik entwickeln
Eine einheitliche Methodik entwickeln
Für die Entwicklung eines BodenQI fehlt bislang eine einheitliche Methodik auf Bundesebene. Eine schweizweite Standardisierung ist jedoch essenziell, um die Bodenqualität zuverlässig und vergleichbar bewerten zu können.
Basierend auf Informationen zu Böden und ihre Funktionen liefert das Nationale Forschungsprogramm 68 (NFP 68) eine fundierte wissenschaftlich Grundlage für die Entwicklung eines BodenQI. Jedoch wurde in der Schweiz noch keine gemeinsame Politik entwickelt, wie dieser BodenQI konkret berechnet und angewendet werden soll.
Wir empfehlen folgende Massnahmen :
Die Einführung eines BodenQI aufgleisen
Basierend auf den gemachten Erfahrungen scheint es sinnvoll, die Entwicklung einer standardisierten Basis-Methodik für einen BodenQI voranzutreiben. Dieser soll flexibel an unterschiedliche Massstäbe und Kontexte angepasst werden können. Dadurch kann das Instrument auf allen Planungsebenen (Bund, Kantone und Gemeinden) eingesetzt werden.
- Einen Prozess initiieren zur Entwicklung einer standardisierten Basis-Methodik für einen BodenQI, der sich auf die verschiedenen Planungsebenen (Bund, Kanton, Gemeinde) anwenden lässt.
- Eine Stelle in der Bundesverwaltung bestimmen, die für die Entwicklung und Umsetzung der Basis-Methodik verantwortlich ist. Zudem wird eine Koordination mit den Anspruchsgruppen erforderlich sein. Ziel ist es, einen kohärenten methodischen Rahmen zu entwickeln, der auf allen Ebenen anwendbar ist. Zu den relevanten Anspruchsgruppen gehören unter anderem die Kantone, das Kompetenzzentrum Boden (KOBO), die Bodenkundliche Gesellschaft Schweiz (BGS), verschiedene Institute für angewandte Forschung sowie die zukünftigen Nutzer:innen des Instruments.
Bodeninformationen beschaffen und verwalten
Der Schweiz fehlen derzeit zuverlässigen und standardisierten Bodendaten. Um dieses Defizit zu beheben, ist eine schweizweite Bodenkartierung unter der Leitung von Bund und Kantonen geplant. Diese soll im Jahr 2029 starten und rund 20 Jahre dauern. Die Kartierung wird zwar wertvolle Informationen über die Bodenqualität in der Schweiz liefern, jedoch nur sukzessive verfügbar sein. Deshalb muss ein Weg gefunden werden, um den BodenQI für die Erreichung des Netto-Null-Bodenverlustziels einzusetzen, bevor flächendeckend verfügbare, verlässliche und standardisierte Bodendaten zur Verfügung stehen. Wir empfehlen den politischen Entscheidungsträger:innen und den zuständigen Bundesstellen dazu folgende Massnahmen umzusetzen:
- Langfristige Förderung des Kompetenzzentrums Boden (KOBO), um eine einheitliche Erhebung und Verwaltung von Bodeninformationen sicherzustellen.
- Priorisierung strategischer Gebiete für die Bodenkartierung. Dadurch sollen Bodenqualitätsverlust zunächst an kritischsten Standorten begrenzt werden. Dies betrifft insbesondere Räume mit akutem Handlungsbedarf für die Raumplanung und besonders vulnerable Gebiete im Hinblick auf klimabedingte Naturgefahren.
- Prüfung des Potenzials eines ausbaufähigen Informationssystems für den BodenQI. Dabei werden zunächst auch nicht standardisierte Daten zur Bodenqualität erfassen. Sobald verfügbar, werden diese dann durch verlässliche, standardisierte Informationen aus der offiziellen Kartierung ergänzt.
Ein Referenzsystem zur Dateninterpretation definieren
Ein solides Referenzsystem zur Bewertung der Bodenqualität muss ein integraler Bestandteil der BodenQI-Methodik sein. Es gilt, einen Bezugsrahmen zu definieren, der es ermöglicht zu beurteilen, wann ein Boden – je nach Nutzungsart, Region oder Bodentyp – als qualitativ «gut» oder «schlecht» einzustufen ist. Dies bildet die Grundlage für ein kohärentes Kompensationssystem für Bodenfunktionen (siehe nachfolgende Empfehlung). Die Ausgestaltung des Referenzsystems stützt sich zwar auf wissenschaftliche Grundlagen, berücksichtigt jedoch ebenso Überlegungen aus der öffentlichen Politik und der praktischen Umsetzung. In diesem Sinne empfehlen wir den zuständigen Bundesstellen:
- Die Entwicklung einer standardisierten Methode, um Bodeninformationen in Bodenfunktionen und diese wiederum in Indizes umzuwandeln, in Auftrag zu geben und offiziell zu genehmigen. Ebenso umfasst die Methode die Definition von Indizes basierend auf einer standardisierten Werteskala pro Bodenfunktion. Dabei sind unterschiedliche Nutzungsarten, Regionen und Bodentypen zu berücksichtigen. Die Methode soll zum Beispiel auch für „nicht natürliche“ Böden im urbanen Raum anwendbar sein.
Praxisbeispiel(e) :
Österreich
Seit 2013 verfügt Österreich mit der «ÖNORM L 1076 Bodenfunktionsbewertung» über eine einheitliche Methode zur Beurteilung von Bodenfunktionen. Die Norm berücksichtigt die folgenden fünf Funktionen: Natürliche Bodenfruchtbarkeit, Regulierung des Oberflächenabflusses, Filter- und Pufferfunktion, natürlicher Lebensraum für Vegetation sowie Lebensraum für Bodenorganismen. Der Erfüllungsgrad jeder Funktion wird auf einer standardisierten Skala von 1 bis 5 ausgewiesen und kartografisch dargestellt. Mehr Informationen
Frankreich : Auf dem Weg zu einem indikatorbasierten Referenzsystem
Im Jahr 2024 veröffentlichte das französische Forschungsinstitut INRAE den Bericht „Préserver la qualité des sols : vers un référentiel d’indicateurs“ (Erhalt der Bodenqualität: Auf dem Weg zu einem indikatorbasierten Referenzsystem). Ziel des Berichts ist die Entwicklung einer einheitlichen Methode zur Bewertung der Bodenqualität unter Einbezug sowohl ökologischer als auch sozioökonomischer Funktionen. Besonders hervorgehoben wird die Notwendigkeit einer integrativen Herangehensweise, die eine wissenschaftliche Beurteilung, die Beteiligung relevanter Akteure sowie geeignete regulatorische Rahmenbedingungen miteinander verknüpft. Das vorgestellte Bewertungssystem ist auf unterschiedliche Landnutzungen anwendbar (landwirtschaftliche, städtische sowie umweltbezogene) und verfolgt einen multifunktionalen Ansatz. Der Bericht weist aber auch auf die Schwierigkeiten hin, wirksame Monitoring-Instrumente in der Praxis umzusetzen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine bessere Bodenbewirtschaftung und den langfristigen Schutz der Böden. Mehr Informationen (nur auf Französisch verfügbar)
Den BodenQI zu einem Instrument der Bodenpolitik entwickeln
Für die Operationalisierung der Ziele zur Bodenqualität der Bodenstrategie ist entscheidend, den BodenQI in der Bodenpolitik zu verankern. Vor diesem Hintergrund sollte ein Kontingentierungssystem (Bodenindexpunkten) geprüft werden. Dieses könnte dazu beitragen, eine standardisierte und nachvollziehbare Vorgehensweise zu etablieren, um verlorene Funktionen andernorts zu kompensieren und das Netto-Null-Ziel bis 2050 praktikabel zu machen.
- Wir empfehlen den Bundesbehörden, die Zielsetzung für den BodenQI durch die Festlegung geeigneter Kompensationsmodalitäten zu konkretisieren. Dies in Zusammenarbeit mit der für die Umsetzung des BodenQI zuständigen Stelle.
- Die Überwachung der Bodenqualität und die Kontrolle des angestrebten Netto-Null-Bodenqualitätsverlusts erfordern ein nationales Monitoringsystem. Dieses soll die Entwicklung der Bodenqualität anhand des BodenQI erfassen, die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen prüfen und bei Bedarf eine gezielte Anpassung der Strategien ermöglichen.
Praxisbeispiel(e) :
Stuttgart (DE)
Um den Einfluss von Infrastrukturvorhaben auf Böden und ihre Qualität zu verringern, hat die Stadt Stuttgart 2006 ein wegweisendes System – die sogenannten Bodenindexpunkte – eingeführt. Dabei wird ein Kontingent festgelegt, das den maximal tolerierbaren Verlust an Bodenqualität in Form von Punkten regelt. Bei Neubauten muss der entstehende Verlust an Bodenqualität bzw. Punkten durch geeignete Ausgleichsmassnahmen kompensiert werden, damit das definierte Punktekontingent eingehalten wird.
Der BodenQI wird unter Berücksichtigung verschiedener wichtiger Bodenfunktionen berechnet. Dazu gehört beispielsweise seine Rolle im Wasserkreislauf oder seine Fähigkeit, Schadstoffe zu filtern. In einem nächsten Schritt wird der Index in ein Punktesystem umgewandelt. Die Modalitäten für die Bewertung und den Ausgleich sind im „Bodenschutzkonzept“ (BOKS) nachzulesen. Mehr Informationen